„So, jetzt machen wir mal einen ernsten Zombiefilm“


Die tun nichts. Die wollen doch nur spielen.
Im Zombiefilm hat es schon alles gegeben. Böse Zungen behaupten gar, das Genre sei so tot wie sein Sujet. Dass dem nicht so ist, beweist der Film „Das Jahr Null (reset)“ von Roman Deppe. Der Indiefilmer aus Hamburg hat im Frühjahr 2008 den ersten schwulen Independent-Zombiefilm gedreht. In Anbetracht dessen, dass Deppe bisher große Erfolge mit der Komödientrilogie „Eine Nacht in Wilhelmsburg“ feierte, lag der Schluss nahe, dass er sich auch dem neuen Thema komödiantisch nähern würde. Doch “Das Jahr Null (reset)“ fesselt von der ersten seiner etwa 30 Minuten an mit düsterer Atmosphäre und einer konsequenten, anrührenden Geschichte.

Warum er selbst über seinen Film überrascht ist, warum ein echter Zombiefilm auch Effekte haben und warum man im Schnitt manchmal schwierige Entscheidungen treffen muss, darüber sprach Timo Landsiedel, der im Film selbst eine Rolle als Untoter spielte, mit Roman Deppe für den HomeMovieCorner.

HomeMovieCorner
Warum wolltest du einen Zombiefilm drehen?

ROMAN DEPPE
In erster Linie war das so, dass ich mit meinem Kameramann, Adrian Annoff, überlegt habe, was könnte man als nächstes für einen Film machen. Ich glaub, wir sind beide so Zombiefilmfans und wir sagten: ‘So, jetzt machen wir mal einen ernsten Zombiefilm.‘ Ich hatte mal wieder die Romero-Filme gesehen und dachte so, was mir bei den neuen Zombiefilmen immer fehlt, ist der Ernst an der Sache. Außerdem waren diese Zombies ja mal wer. Das wird eigentlich immer vergessen. Und damit habe ich dann angefangen zu arbeiten. Ich habe das Drehbuch ziemlich schnell geschrieben. Das hatte ursprünglich am Anfang kaum Dialog. Wir haben dann während der Proben sehr viel Text erarbeitet.

HMC
Wie bist du darauf gekommen, die Hauptfiguren als schwules Pärchen zu schreiben?

RD
Da war glaube ich ganz am Anfang erstmal die Idee, zwei schwule Hauptfiguren zu machen, um den Film wieder auf dem ‘Schwul-Lesbischen Filmfest‘ in Hamburg zu zeigen. Und dann dachte ich so, nee, da will ich auch was mit aussagen. Ich reite auf dem Thema nicht rum im Film. Ich wollte das nicht zusätzlich thematisieren, das wäre mir zu platt. Es wird ja auch nicht klar gesagt, dass die jetzt schwul sind. Das Thema des Films ist ja so die Einsamkeit. Wenn man da jetzt jahrelang alleine unterwegs ist und dann Nähe braucht, dann ist das vielleicht irgendwann egal auf welches Geschlecht man eigentlich steht. Dann entwickelt sich so etwas, dass man über solche Grenzen hinweg sieht. Das fand ich ganz reizvoll, es auch so ambivalent zu lassen und dem Zuschauer zu überlassen, wie er das sehen möchte.

Timo Landsiedel undercover bei Dreharbeiten
HMC
War dir von Anfang klar, dass du Make-Up-Effekte drin haben willst?

RD
Ja, auf jeden Fall! Wenn ich Freunden erzählt habe, dass wir einen Zombiefilm machen, dann dachten immer alle gleich, wir malen uns grün an und das sieht dann scheiße aus und laufen starr durch die Gegend. Also es war ganz klar, dass das gut aussehen musste. Lars Havemann, der die Spezial-Effekte gemacht hat, kannte ich über Andre Matthias, meinen Komponisten. Lars war auch gar nicht zu bremsen. Beim ersten Treffen hatte er gleich zehn Zombie-Designs mitgebracht “Hab‘ ich einfach schon mal gemacht!“ Er hatte also ganz viele Ideen und hat sich dafür echt einen Wolf gearbeitet. In dieser Albtraumszene, da sieht man die Zombies nur zwei Sekunden und er saß da an jedem einzelnen Wochen. Da dachte ich, er erschlägt mich dafür, dass man die nur so kurz sieht. Aber er fand das auch richtig cool. Ich glaube, die Details machen‘s dann schon.

HMC
Musstet ihr im Schnitt noch Effekte rausnehmen?

RD
Es gab einen Effekt, der ist nicht drin, das lag aber nicht dran, dass er billig aussah, sondern weil es ursprünglich so gedacht war, dass er in Schnee und Eis spielt. Der Zombie ist am Boden fest gefroren und beim Aufstehen brechen ihm die Finger ab. An dem Tag hat es halt geregnet und man versteht nicht, dass der angefroren sein sollte. Das flog dann raus. Das hat zwar auch ein paar Euro gekostet, aber es hilft ja nichts es drin zu lassen, nur weil man dafür Geld ausgegeben hat. Da muss man drüber stehen.

Reporter erleben so manches in ihrem Job
HMC
Du bringst am Ende eine Wendung rein, die dem Film eine neue Richtung gibt. Ist die nur traurig zu verstehen?

RD
Also ich bin selbst ganz überrascht, dass ich jetzt so einen anspruchsvollen Film gemacht habe (lacht). Hatte ich irgendwie nie vor. Ich find den Schluss schon traurig aber auch irgendwie ganz positiv. Ein schöner Schluss, ohne typisch deutsch voll reinzuhämmern, weil‘s sonst ja nicht anspruchsvoll wäre. Das wird dann am Ende nochmal sehr schön auch mit Andres Musik. Die erste Version war so, dass mit dem Abspann ziemlich schnell Gruselmusik kam. Jetzt klingt die ‚schöne’ Musik im Abspann nach. Der Zuschauer soll mit einem wohligen Gefühl aus dem Film gehen. So melancholisch.

HMC
Du hast Riesen-Erfolg mit einer Trilogie gehabt. Gibt es beim “Jahr Null“ schon Planungen für einen zweiten Teil?

RD
Ähm. Da denk ich grad spaßeshalber drüber nach. Man könnte eine Zombieserie in Deutschland starten und die so ein bisschen wie „Lost“ aufziehen. Man könnte ja immer so Flashbacks zum früheren Leben der einzelnen Figuren machen, was sie vor der Zombieplage so gemacht haben oder während das ausbrach. Da bin ich so am Überlegen, ob man daraus einen zweiten Teil machen kann oder richtig auf 90 Minuten verlängern.

HMC
Vielen Dank für das Interview!

Timo Landsiedel

Den Film gibt es hier zu sehen: „Das Jahr Null (reset)“

Fotos: Timo Landsiedel, Lars Havemann
Links: Andre Matthias: http://www.andrematthias.com/ Lars Havemann: http://monstermann.deviantart.com/

Timo Landsiedel, der in „Das Jahr Null (reset)“ eine kleine Rolle als Untoter spielte, führte das Interview 2008 – da war von „ernsten Zombie-Streifen“ wie „The Walking Dead“ noch nichts am Horizont zu sehen.

Roman Deppe lebt derzeit in Stockholm, wo er für das dortige ARD-Studio arbeitet. In seiner Freizeit schreibt Deppe weiterhin Drehbücher.

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