„Biest“-Regisseur Stefan Müller im Interview


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Die Region in und rund um Graz hat sich so was wie einen Ruf als Hotspot für Indie-Filmemacher erarbeitet.

Allein in den letzten Jahren erschienen hier Filme wie „Bellcanto“ von Stefan Rothbart, „Schlimmer geht’s nimmer“ von David Unger, „Licht in leeren Häusern“ und „Vierter Sommer“ von Martin Kroissenbrunner, oder – wie hier berichtet – zuletzt die mittellange Coming-of-Age-Komödie „Irgendwas mit Liebe“ von Johannes Fröhlich. Alles Filme, von denen der normale Filmkonsument kaum Notiz nimmt – aber sie sind dennoch Zeichen einer äußerst aktiven Filmerszene. Ein weiterer Protagonist ist Stefan Müller – der 29-jährige Autodidakt hat gerade erst seinen aktuellen Spielfilm „Biest“, der auf dem Fright Nights Festival in Wien mit der „Silbernen Hand“ für den besten Independent Langfilm ausgezeichnet wurde, herausgebracht.

Nach dem Comichelden-Film „Legende“ (2003), dem Mysterystreifen „Jenseits“ (2006) und dem Alien-Invasionsfilm „Tartarus“ (2010) ist „Biest“ nun der (offiziell) vierte Spielfilm von Stefan Müller und seiner Grazer Filmtruppe Loom. Ungewöhnlich für einen Indie-Film ist, dass das Creature Feature – mit Peter „Jedermann“ Simonischek in einer Nebenrolle – zurzeit sogar in den österreichischen Kinos läuft. Mit dem HomeMovieCorner sprach der Regisseur über den Film, seinen Werdegang und die Mühen eines Indie-Filmers hierzulande.

HomeMovieCorner: Wie bist du eigentlich zum Film gekommen?

Stefan Müller: Zum Film gekommen, oder besser gesagt, auf den Film gekommen bin ich schon in sehr jungen Jahren. Damals habe ich als kleines Kind meinen Eltern die Kamera weggeschnappt, die eigentlich dafür gedacht war, besondere Momente meiner Kindheit festzuhalten. Ich war jedoch eher daran interessiert, meine eigenen, inszenierten Aufnahmen in Szene zu setzen. Und naja, das hat halt bis heute nicht wirklich aufgehört.

HMC: Graz dürfte – was Film angeht – eine ziemlich kreative Stadt sein. Vor allem im Indie-Bereich tut sich da einiges. Woran liegt das?

Müller: In den letzten Jahren war viel los in der Grazer Indie Szene, das stimmt. Mittlerweile, so kommt es mir zumindest vor, ist es leider ein wenig ruhiger geworden, vor allem im Spielfilm-Bereich. Viele Kollegen können nach einem gescheiterten Erstlingswerk nicht so leicht wieder aufstehen, andere wollen es nicht.

Viele Gründe sind aber auch Dinge wie Finanzierung, Teampower und natürlich Zeit. Filme zu machen, insbesondere im Independent Bereich, beansprucht viel Zeit, Geduld und vor allem Energie und Konsequenz und gut Geld verdienen kann man damit bisher noch nicht.

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HMC: „Biest“ ist dein (offiziell) vierter Spielfilm (Mir wurde zugetragen, dass es da noch einige „Jugendsünden“ in Spielfilm-Länge gibt – aber die lassen wir mal beiseite). Was ist an diesem Film anders als an „Legende“, „Jenseits“ und „Tartarus“? (Du liebst wohl die Ein-Wort-Titel-Filme)

Müller: Da ich Autodidakt bin und mein Handwerk durch das „learning by doing“-Prinzip erlerne, sind meine Filmprojekte sozusagen meine Filmschule. Und wenn man es so betrachtet, dann ist „Biest“ wohl der bisher reifeste in seiner Machart. Einerseits dadurch, dass er technisch wie gestalterisch der bisher ausgereifteste ist, und andererseits weil ich auch erwachsener und erfahrener geworden bin. Bei „Legende“ war ich 18 Jahre alt, bei „Jenseits“ 21 und bei „Tartarus“ 25. Und bei „Biest“ eben 29.

HMC: Bei „Jenseits“ und „Tartarus“ habt Ihr bei den Monstern auf VFX gesetzt. Warum habt Ihr bei „Biest“ gesagt: „Okay, wir setzen auf ein ‚echtes‘ Filmmonster“?

Müller: Bei „Jenseits“ und „Tartarus“ hatten wir abstraktere Creature-Designs. Der Teufel in „Jenseits“ sollte gigantisch groß sein und die Aliens in „Tartarus“ Echsen-artig und extrem schnell in ihren Bewegungen. Bei „Tartarus“ hatten wir sogar kurz das Bestreben, die Aliens in „echt“ umzusetzen, haben allerdings schnell realisiert, dass die Umsetzungshürden hierbei größer sind als in der Computer-generierten Variante. Lediglich für Close-Ups der Krallen und dergleichen haben wir ein Kostüm oder eine Puppe verwendet.

Beim „Biest“ wollte ich von Anfang an ein echtes Monster. Vorrangig aus dem Grund, weil ich mit der Kreatur am Set arbeiten wollte. Das Biest sollte ganz nah bei den Schauspielern sein und mit ihnen interagieren. Außerdem wollte ich viel mit der Ausleuchtung herumspielen und das geht halt nur, wenn man mit Live Action Aufnahmen arbeitet.

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HMC: Du hast ja auch das Drehbuch geschrieben. Wie hat dich die Story gefunden? Wie ist das Drehbuchschreiben bei dir generell? Ziehst du dich zurück für ein Monat? Hast du jemanden, mit dem du dich austauschst?

Müller: Die Geschichte hat mich relativ spontan gefunden. Ich wollte eigentlich einen ganz anderen Film machen, aber ich war mit meiner Freundin zur Weihnachtszeit über ein verlängertes Wochenende auf einer Ferienhütte in einer wunderschön-urigen, verschneiten Landschaft und irgendwie ist mir da der Plot eingefallen. Also von einem Pärchen, wo sie auf einmal spurlos verschwindet und er in dieser menschenleeren Gegend ist und ohne Unterstützung versucht, sie wiederzufinden. Und als mir das eingefallen ist, fand ich das zu dem Zeitpunkt gerade extrem unheimlich, da ich wirklich gerade mitten im Nirgendwo war, in einer relativ unwirtlichen Gegend und keine Ahnung hatte, was ich tun würde.

Und nach und nach kam dann der Rest. Ich stand dann kurz vor dem Moment, wo ich mich entscheiden musste, was meine Protagonistin entführt. Ob ich den menschlichen, den Monster-, oder den übernatürlichen Pfad einschlagen will. Hab dann aber relativ bald für mich entschieden, dass der Monsterpfad für mich der richtige ist. Der macht mir einfach am meisten Spaß. Und dann hab ich mir diese uralte, riesenfledermausartige Kreatur in ihrem Versteck „gebaut“, die sich in dieser kargen Gegend alles Fleischliche holt, was sie finden kann und dabei zur Bedrohung für meine Protagonisten wird.

Die große Herausforderung für mich war dann, aus dem Konzept mehr zu machen als einen klassischen Monsterfilm. Und wenn man schon lediglich zwei Hauptcharaktere hat, dann muss deren Geschichte auch für den Zuschauer interessant sein, um da lange dran zu bleiben. Und so kam ich auf die Idee, meinen beiden Protagonisten die entgegengesetzte Ausgangssituation von meiner zu geben.

Ich bin ja mit meiner Freundin zum Entspannen auf ein romantisches Wochenende zu dieser Hütte gefahren und der Gedanke war, dass mein Filmpärchen alles andere als entspannt dort auf dieser Hütte ankommt. Wir starten den Film sozusagen beim letzten Rettungsversuch ihrer Beziehung, den der Ausflug auf diese Hütte beinhaltet – und das war dann eine enorm spannende und interessante Ausgangssituation für mich.

Als ich diese Komponenten beisammen hatte, ging das Schreiben vom Buch recht schnell. Ich habe, glaube ich, einen Monat für das erste Draft gebraucht und 80 Prozent davon waren bereits der finale Film. Feinschliffe und Ergänzungen gab es dann noch sehr viele, auch während der Drehzeit. Aber das Grundgerüst und das Drama war bereits in der ersten Version drin und hat schon dort gut funktioniert.

Ausgetauscht über das Buch habe ich mich vor allem mit dem Martin Kroissenbrunner, dem Drehbuchautor und Hauptdarsteller von „Tartarus“. Seine Meinung ist mir bei jeder meiner Ideen immer sehr wichtig und er hat ein enorm gutes Gespür für Charaktere und Sprache.

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HMC: Wie bist du auf die herausragend spielenden Schauspieler Stephanie Lexer (Anm: Wurde als beste Darstellerin für die „Silberne Hand“ nominiert) und Paul Hassler gestoßen? Wie habt Ihr das schauspielerische „Schwergewicht Peter Simonischek für den Dreh gewinnen können?

Müller: Ich habe das Drehbuch mitunter dem Moritz Thate geschickt, dem zweiten Hauptdarsteller von „Tartarus“, der seither ein guter Freund und Vertrauter von mir ist. Der Moritz hat mir dann eine Mail mit ein paar Schauspielkolleginnen von ihm geschickt, die ich mir dann durchgeschaut habe – und da stach die Stephi schon irgendwie heraus. Ich habe mich dann bei ihr gemeldet und sie hat mir dann ein paar Clips von Kurzfilmen zukommen lassen, bei denen sie bis dato mitgewirkt hatte. Das waren allgemein sehr arthouseige und nihilistische Filme und es gab kaum Close-Ups von ihr – und dann gab es einen Clip, da kamen dann endlich ein paar Close Ups – und dann wusste ich irgendwie, das passt. Da war ganz viel Ausdrucksstärke in ihren Augen und sie spielte extrem verletzlich – und das war’s dann für mich. Die Stephi hat ein extrem markantes und interessantes Gesicht und ihre Augen sind für mich großes Kino. Ab da hatte ich meine Lena gefunden.

Den Paul hab ich in einem Film vom Martin Kroissenbrunner gesehn und war sofort angetan von seiner filmischen Präsenz. Meiner Meinung nach liebt die Kamera den Paul und wenn man ihn filmt, hat man auf einmal großes Kino. Also hab ich ihn mir sofort gekrallt und hatte meinen Andi.

Peter Simonischek war von vorn herein unser größter Wunsch für die Rolle des Jägers. Nachdem mein Produzent, Oliver Haas, den Kontakt hergestellt hatte, haben wir ihm das Buch geschickt und er hat uns daraufhin zu sich nach Hause eingeladen, um mit uns über das Projekt und die Figur zu sprechen. Da wir zu diesem Zeitpunkt schon ein paar Szenen des Films gedreht hatten, entschloss ich mich, zwei Szenen zusammenzuschneiden und ihm zu zeigen.

Die eine Szene war ein Moment zwischen Stephi und Paul, damit er sieht wie die beiden Hautcharaktere miteinander harmonieren, und die zweite Szene war aus dem Suspense-Teil des Films, damit er sich ein Bild machen konnte, wie wir den Gruselaspekt des Films handhaben. Und naja, zu meiner Erleichterung haben ihm die beiden Szenen sehr gut gefallen und er hat sofort zugesagt.

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HMC: Frauen spielen in deinen Filmen ja eher die Opfer-Rolle. „Legende“, „Jenseits“, „Tartarus“ und nun auch eben „Biest“. Bei den ersten drei Filmen waren sie – eben bis auf die Opferrolle – kaum vorhanden. Bei „Biest“ ist es dir gelungen, mit Lena trotzdem eine starke Frauenrolle zu schaffen. Die Dialoge zwischen Lena und Andi offenbaren sehr viel über die beiden. Wie hast du das geschafft?

Müller: Bei meinen vorhergehenden Filme ging es nie wirklich um die Frau. In „Legende“ ging es um Richard und seine Wandlung, in „Jenseits“ um den Todesboten und seine Entstehung und in „Tartarus“ ging es um die Freundschaft zwischen Jakob und Veith die auf eine harte Probe gestellt wird. In „Biest“ habe ich erstmals eine ganz klare Liebesgeschichte im Vordergrund und von daher war die Priorität bei beiden Figuren gleich hoch angesetzt.

HMC: Wie waren die Dreharbeiten? Von wann bis wann – und wie lang dauerte die Post.

Müller: Die Dreharbeiten haben Anfang 2011 begonnen und der Hauptblock wurde Ende 2012 beendet. Wir haben noch einige Nachdrehs und Korrekturen 2013 und 14 gemacht. Die Postproduktion hat Anfang 2013 begonnen und der Film wurde Anfang April 2014 fertiggestellt.

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HMC: Hat es auch mal einen Zeitpunkt gegeben, wo das Projekt auf der Kippe stand?

Müller: Das Projekt stand Gott sei Dank nie wirklich auf der Kippe. Es gab Momente, wo die Finanzierung kurz mal schwierig wurde und wir ein paar Monate in der Warteschleife waren, aber das war nur einmal kurz der Fall. Schwieriger sind eher die Momente, in denen man kurz die Hoffnung verliert, ob der Film je fertig wird, weil man so lange dafür braucht. Der Hauptgrund, weshalb wir drei Jahre für einen kleinen Indiefilm brauchen, ist ja wirklich das Geld.

Da wir halt mit sehr geringem Budget arbeiten und die meisten nicht und manche kaum bezahlt werden für ihre Arbeit, ist der einzige Luxus den wir anbieten können, Zeit. Und das sind dann halt die Momente wo ich selbst hart daran arbeiten muss, nicht die Hoffnung zu verlieren, dass der Film irgendwann fertig wird.

HMC: Was muss man als Indie-Filmer bedenken, wenn man so ein Projekt stemmt? Vor allem, was die Verwertung betrifft?

Müller: Ganz ehrlich, ich weiß es nicht. Wir haben das Glück, dass einige Kinos ( UCI; Hollywood Megaplex; Dieselkinos ) aufgesprungen sind, aber es ist jedes Mal ein Pokerspiel und man geht jedes Mal „all in“, weil man halt wirklich nicht weiß, ob so ein kleines Projekt Kinobetreiber anspricht. Und wenn man das Glück hat, in einigen Kinos aufgenommen zu werden, geht es dann ja auch vor allem darum, auch ein Publikum für den Film begeistern zu können, und das ist ja nochmal eine ganz eigene Herausforderung.

Ich glaube, man kann solche Projekte nur stemmen, wenn man seine Geschichte so sehr liebt, dass man jahrelang bereit ist, für ihre Entstehung zu kämpfen. Wenn man – wie ich – auch noch das große Glück hat, ein Team an seiner Seite zu haben, das ebenfalls an die Geschichte und das Projekt glaubt, dann geht’s.

HMC: Wie hoch war das Budget? Wie kam es zustande? Wurde auch eine Förderung erteilt?

Müller: Der Film kostete alles in allem um die 30.000 Euro, wobei hier nochmal an die 15.000 Euro für Dinge anfallen wie eine digitale Präsentationskopie für Kinos, Werbung, Plakate, und und und… Das Budget kam durch staatliche Förderungen, Sponsoring und durch eigene Gelder vom Produzenten Oliver Haas und mir zustande.

HMC: Wie und warum ist es zur Zusammenarbeit mit Oliver „FlyOli“ Haas gekommen?

Müller: Den Oliver habe ich über zwei Kurzfilmprojekte kennengelernt, bei denen er als Produzent fungiert hat und ich war extrem angetan von seiner Arbeit. Nach der „Tartarus“-Premiere hat er mich angesprochen und gemeint, dass er gerne meinen nächsten Film produzieren möchte. So kamen wir dann zusammen und ich bin überglücklich, dass ich ihn habe.

HMC: Wie geht es mit Loom weiter? Irgendwie habe ich bei „Biest“ das Gefühl, dass da Loom als Verein etwas in den Hintergrund getreten ist – und dafür der Fokus stärker auf Stefan Müller liegt. Gibt es den Verein in der Form wie zu Zeiten von „Jenseits“ noch?

Müller: Den Verein gibt es natürlich noch, aber die einzigen, die filmisch noch wirklich aktiv sind, sind der Robert Niessner und ich. Die anderen haben beruflich andere Wege eingeschlagen. Wir sehen uns zwar alle noch regelmäßig und der ganze Verein trifft sich auch immer wieder mal, aber viel Zeit, um bei den Filmen mitzumachen, haben die anderen Jungs halt leider nicht mehr.

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HMC: Was sind deine zukünftigen Pläne? Wie geht es mit „Biest“ weiter? (Festival, DVD? Start in D bzw. CH?) Steht schon ein neues Projekt an?

Müller: Wie es mit dem „Biest“ weitergeht, wird sich in den nächsten Wochen weisen, davon hängt viel ab. Wir müssen unsere Kosten wieder einspielen und ein kleiner Gewinn wäre eigentlich auch sehr angenehm. Vom Erfolg in Österreich hängt auch ab, ob wir einen Kinostart in Deutschland anstreben können/sollten. Wir werden den Film auf jeden Fall noch auf einigen Festivals einreichen und ich würde mir einen DVD Release im kommenden Winter wünschen. Mal sehen, ob uns das gelingt.

Was danach kommt, ist auf jeden Fall mal eine Pause. Da ich mich nach der Fertigstellung von „Tartarus“ gleich ins „Biest“ gestürzt habe, werde ich auf jeden Fall mal ein Jahr Pause einlegen, ehe ich mich dem nächsten Projekt widme. Und da ich die letzten sechs Jahre damit verbracht habe, Monsterfilme zur kältesten Jahreszeit in finsteren Höhlen zu drehen, glaube ich auch, dass mal ein Genre- und Locationwechsel angesagt sind.

HMC: Was bedeutet die „Silberne Hand“ für dich? Generell ein Genrefestival wie das „Fright Nights“? Rechnet Ihr Euch Chancen bei der „Diagonale“ aus? (Ich habe gehört, dass Indie-Filme dort eher weniger genommen werden – und dass es darüber etwas Missmut gibt).

Müller: Die „Silberne Hand“ war eine wundervolle Anerkennung an unsere aller Arbeit und somit eine wertgeschätzte Auszeichnung für unseren Film. Das ganze Team hat sich riesig über den Preis gefreut und mich erfüllt es mit großer Freude, diese Bestätigung von einem Genrefilmfestival zu bekommen, dass wir da was Vernünftiges abgeliefert haben.

Bei der Diagonale rechne ich mir keine großen Chancen aus. Ich muss auch gestehen, dass ich mir sehr schwer tue, die Einreichkriterien dieses Festivals abzuschätzen, aber wir werden auf jeden Fall einreichen und ich würde mir wünschen, einmal auf diesem Festival zu laufen.

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HMC: Wie siehst du generell die Zukunft der Indie-Szene?

Müller: Ich würde jetzt so gerne große, hoffnungsvolle Worte finden, aber das ist schwer: Ich bin sehr müde von den letzten Jahren und in Österreich werden Filmemachern, die außerhalb des Systems etwas erschaffen wollen, ausschließlich Steine in den Weg gelegt. Wer nichts zum gängigen österreichischen Film beiträgt, sondern etwas anderes macht, etwas Eigenes und Kreatives, wird sehr belächelt und von fast allen Seiten boykottiert.

Ich glaube, die Zukunft der Indie-Szene und des österreichischen Films hängt nicht nur von den Filmemachern ab, sondern vor allem vom Publikum. Wenn Indiefilmer hier alles in ihrer Macht Stehende tun, um dem Publikum zu zeigen, dass es auch österreichisches Kino geben kann – und ich wähle bewusst das Wort Kino, denn es gibt genug österreichischen Film, aber es gibt wenig bis gar kein österreichisches Kino -, dann muss das Publikum auch die Initiative ergreifen und in diese Filme reingehen.

Ich begegne vielen Leuten, die mir sagen, wie interessant sie die Idee von „Tartarus“ finden und dass sie mitbekommen haben, dass er im Kino läuft, aber ihn halt nicht angeschaut haben, weil sie lieber auf die DVD warten. Und die DVD haben sie sich aber auch noch nicht geholt und fragen mich dann, ob er nicht eh irgendwann im Fernsehen läuft.

Wir Indiefilmer erarbeiten keine Spielfilme, wir erkämpfen sie, und wenn niemand unsere Filme im Kino anschaut, dann können wir uns nicht nur keine DVD-Herstellung leisten, sondern dann wird sich auch der österreichische Filmmarkt nie ändern. Und auch wenn Indiefilme ihre Schwächen haben und technisch nicht immer so ausgereift sind, wie die der großen Kollegen, so findet man in ihnen oft weitaus mehr Liebe, Mut und Herzblut, als in den meisten großen Produktionen.

Nur wenn die Zuschauer diesen Filmen eine Chance geben, können neue Generationen von Filmemachern, ausgestattet mit besseren finanziellen Mitteln, der österreichischen Filmindustrie endlich mal etwas Feuer unterm Arsch machen und dafür sorgen, dass mal endlich großes Kino made in Austria frischen Wind in unsere Lichtspielhäuser bringt.

Das Interview führte Rodja Pavlik

Rezensionen: „Legende“, „Tartarus“ , „Biest“

INFO: www.loom.at; www.baldkommtdasbiest.com; www.flyoli.net

9 Kommentare

  1. Gutes und informatives Interview.
    Mir tat es unendlich leid, dass ich in Wien im Kino nicht sehen konnte. Denn man hat ja auch noch andere Verpflichtungen und kommt in der ersten Woche nicht sofort dazu, den Film zu sehen…und in diesem Fall war „Biest“ nach einer Woche aus den Wiener Kinos verschwunden. 😦

    Bei der Bewerbung von „Biest“ schien mir auch, dass Loom ein wenig in den Hintergrund gerückt wäre, aber das ist wohl auch unumgänglich. Nicht jeder in dem Verein wird die Kraft und den Willen aufbringen, um weiter zu machen. Da ist die Konzentration auf die Filmemacher wichtiger, auch wenn der Verein als „bekanntes Logo“ oder einfach als Heimstätte sicher wichtig bleibt.

    • Ich verstehe da die Kinos schon. Es ist leider so: Indie-Filme wie „Biest“ funktionieren momentan nur auf lokaler Ebene. In der Steiermark ist Stefan Müller ein Thema, das auch von den Medien aufgegriffen wird. Hier in Wien war die Berichterstattung gleich Null. Das war auch schon bei „Tartarus“. Als ich „Tartarus“ im Kino saß, war ich ganz alleine.

      • Die Kinos verstehe ich schon auch, aber wenn ohnehin nur eine Kopie im UCI einmal am Tag läuft, dann kann man den Film bitte auch zwei Wochen laufen lassen. Das wäre mein frommer Wunsch, auch wenn ich weiß, dass das nicht so leicht umzusetzen ist.

        Genreproduktionen haben es hierzulande (auch wenn es kein Indie ist) ohnehin schwer. Selbst beim heftig beworbenen „Blutgletscher“ (ca. 12.000 Besucher) saßen wir nur zu dritt im großen Saal.

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